Gesund ist, wer nicht krank ist?

Subjektive Gesundheitsvorstellungen oberösterreichischer Hausärzte und ihre gegenwärtige und zukünftige Rolle

von Karin Rumpelsberger

Hintergrund

Special2_Cover_Gesundheitswissenschaften_44Schon 1986 hat die WHO-„Ottawa“-Charta zur Gesundheitsförderung vorgeschlagen die Gesundheitsdienste neu zu orientieren. Von den Gesundheitsdiensten, unter anderem den Ärzten und anderen Mitarbeitern des Gesundheitswesens, soll gemeinsam ein Versorgungssystem entwickelt werden, das auf die stärkere Förderung von Gesundheit ausgerichtet ist und weit über die medizinisch-kurativen Leistungen hinausgeht.

Ein Vierteljahrhundert später konstatiert der LSE-Bericht „Public Health in Austria“ den österreichischen Ärzten noch immer einen engen, krankheitsorientierten Ansatz. (Ladurner et al. 2011, S. 229)

Wenn nun das Ziel verfolgt wird, Ärzten eine salutogenetische Ausrichtung und Aktivitäten in Gesundheitsförderung zuzuordnen, das heißt sie vor allem auch weg von ausschließlich individuellen und verhaltensorientierten Ansätzen zur Verbesserung der Gesundheit, hin zu einer (Mit)gestaltung gesundheitsförderlicher Lebensverhältnisse zu bewegen, sollte die Ausgangsbasis für dieses Unterfangen klar sein.

Zu einer solchen Klärung hat Karin Rumpelsberger mit ihrer Public Health Dissertation beigetragen. Diese Dissertation ist nun als Band 44 der Schriftenreihe Gesundheitswissenschaften erschienen.

Qualitative Interviews mit 13 OÖ Hausärzten

Die Autorin hat 13 zufällig ausgewählte Ärzte (darunter zwei Frauen) für Allgemeinmedizin mit Kassenverträgen in verschiedenen Regionen Oberösterreichs ausführlich interviewt. Mit Hilfe einer softwaregestützten Inhaltsanalyse konnten so subjektive Gesundheitsvorstellungen und das subjektive Verständnis von Gesundheitsförderung und Prävention oberösterreichischer Hausärzte erhellt werden. Ziel der Forschung war nicht die Repräsentativität der Ergebnisse, sondern das inhaltliche Ergründen subjektiver Vorstellungen, die bei Hausärzten vorliegen, um daraus Anknüpfungspunkte für eine Weiterentwicklung des Versorgungssystems abzuleiten.

Ergebnisse: Unterschiedliche Vorstellungen von Gesundheit, Gesundheitsförderung und Prävention

Die Forschungsergebnisse zeigen, dass bei oberösterreichischen Hausärzten neben einem krankheitsorientierten Gesundheitsverständnis sehr häufig auch gesundheitswissenschaftlich orientierte Gesundheitsvorstellungen vorliegen, ebenso wie sozial-funktional orientierte Gesundheitsvorstellungen. Fast immer wird mehr als ein Gesundheitsbegriff geschildert.

Die Begriffe Gesundheitsförderung und Prävention sind für oberösterreichische Hausärzte schwer auseinander zu halten und inhaltlich zu definieren.

In der Wahrnehmung der ärztlichen Rolle dominieren eindeutig krankheitsbezogene Aspekte und auch die Möglichkeiten bzw. Bereitschaft, hier in Richtung gesundheitsbezogenes Handeln etwas zu verändern, besteht eher begrenzt.

Gleichzeitig verstehen sich schon derzeit viele Hausärzte als Gesundheitsberater ihrer Patienten und würden diese Rolle grundsätzlich auch gerne ausbauen, sehen aber Hinderungsgründe in den Rahmenbedingungen.

Diskussion

Die Vorstellung, dass OÖ Hausärzte zukünftig einfach auch Gesundheitsförderung anbieten sollen, ist in dieser Direktheit auch nach den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit unrealistisch. Dazu fehlt es vor allem an Gesundheits- und Gesundheitsförderungswissen in der Ärzteschaft.

Natürlich kann aufgrund der qualitativen Erhebungsmethode (in diesem Fall die einzig sinnvolle!) nicht der Anspruch erhoben werden, dass die Ergebnisse repräsentativ für alle OÖ Ärzte sind. Doch bietet die Arbeit bisher einzigartige und wertvolle Informationen für die Weiterentwicklung von Gesundheitsförderung und Prävention im Kontext ärztlicher Primärversorgung.

Der aus den vorliegenden Informationen und Analysen abgeleitete Vorschlag von Rumpelsberger sieht vor, Ärzte nicht als Leistungserbringer im Feld Gesundheitsförderung wirksam werden zu lassen, sondern als Teil eines Gesundheitsförderungs-Netzwerks, in dem Gesundheitsförderung angeboten wird. Zum Beispiel mit der Funktion, die richtigen Zielpersonen für Gruppeninterventionen der Gesundheitsförderung zu begeistern und sich nach der Gruppenteilnahme dieser Personen um laufende Ergebnissicherung zu kümmern. Als bevorzugtes Modell wird ein Zusammenschluss mehrerer benachbarter Ordinationen mit regionalen Gesundheitsförderungspartnern unter Koordination durch die OÖGKK dargestellt. Dazu ist aber sicher noch intensive gesundheitswissenschaftliche Information für Ärzte notwendig, beginnend von der Ausbildung (Medizin-Uni Linz?!) bis zum Qualifikationskurs, um an GF-Netzwerken teilzunehmen.

Bereitschaft aller Beteiligten Neues anzunehmen wird als entscheidende Voraussetzung für die Neuorientierung der Hausärzte in Richtung Gesundheitsförderung festgehalten.

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Quellen:

Ladurner, J. et al.: Public Health in Austria (2011).

WHO Ottawa Charta zur Gesundheitsförderung (1986)

 

Tipp: Aktuelle Weiterbildungsangebote zum Thema Medizin und Gesundheit finden Sie laufend online in der Bildungsdatenbank »medicine & health«.

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