Erfahrungsbericht: KPJ-Tertial in Zürich

von Fiona Tinnefeld.

Meine Motivation​

Ich habe mein chirurgisches KPJ-Tertial in Zürich gemacht, weil ich tolles von der Ausbildung an der dortigen chirurgischen Abteilung gehört hatte und sie mir auch selber schon (privat, weil ich einen Chirurgen dort kannte), in der Vergangenheit ein bisschen anschauen konnte. Ich war also für mein chirurgisches Pflicht-Tertial B 16 Wochen an der Plastischen Chirurgie am Universitätsspital Zürich.

switzerland-g9db09f001_1280

Bewerbung und Anmeldung

Die Bewerbung lief sehr unkompliziert ab. Eine E-Mail an die Koordinatorin Frau Donata Gröflin (die im Übrigen für die KPJ- und Famulaturplätze aller chirurgischen Abteilungen zuständig ist) mit der Anfrage, ob für die gewünschte Station im gewünschten Zeitraum noch Plätze frei sind, reicht aus. Sie antwortet meist innerhalb weniger Tage mit den möglichen Zeiträumen und nach Bestätigung vonseiten des/der Studenten/in bekommt man alle nötigen Unterlagen und Formulare zugeschickt. Prinzipiell wird dort für die Anmeldung nicht mehr benötigt als an jeder anderen KPJ-Stelle: Unterschriebener Arbeitsvertrag, Lichtbildausweis, Bankdaten, Impfattest (mit denselben Standardimpfungen, die auch in Österreich Pflicht sind).

Wer länger als einen Monat am USZ bleiben möchte, kann auch innerhalb der chirurgischen Stationen rotieren, jeweils 4 Wochen am Stück. Da ich mich aber besonders für die Plastische interessiere, bin ich durchgehend dortgeblieben und kann somit auch nur von der Station berichten.

Arbeiten im USZ

Die KPJ-StudentInnen werden in der Schweiz grundsätzlich als „UnterassistentInnen“ bezeichnet, da es das KPJ in der Form dort gar nicht gibt. Zum einen ist man noch StudentIn, zum anderen ist man ein wirklich wichtiger Teil des Teams, das gerade für die Aufrechterhaltung des OP-Plans dringend gebraucht wird. Dies kann manchmal zu einer etwas seltsamen Dynamik führen. Alle ChirurgInnen und sonstige MitarbeiterInnen waren aber durch die Bank freundlich und hilfsbereit und gerade, wenn man in den wärmeren Monaten dort ist, wird man auch viele studentische KollegInnen haben. Im Prinzip hat man fast dieselben Aufgaben wie ein Assistenzarzt/eine Assistenzärztin. Das führt manchmal zu sehr langen Arbeitstagen, aber ich habe wirklich selten so viel gelernt, wie in dem Tertial.

Operiert wird dort alles, was zur Plastik und Rekonstruktion dazugehören kann. Die Handchirurgie ist auch Teil davon, kommt hier aber vergleichsweise etwas kurz, da es einen eigenen Spitalsstandort Nähe des Flughafens gibt, der sich innerhalb der Plastischen auf Handchirurgie spezialisiert. Ich war selber nie dort, aber wer sich besonders dafür interessiert, darf auch dort nach Absprache ab und zu mitgehen. Ein interessanter Schwerpunkt am USZ war aber die Transgender-Chirurgie. Fast jeden Donnerstag fand eine SRS (sex reassignment surgery) statt, bei der sie auch immer um OP-AssistentInnen froh sind. Wer sich dafür interessiert, kann da etwas zu sehen bekommen, was es in Wien z.B. noch nicht gibt. Generell habe ich von Anfang an fast alles zum selber Nähen bekommen und später zum Teil auch selber kleinere operative Aufgaben bekommen, vor allem in der Verbrennungschirurgie. Diese ist eine eigene Abteilung, an der man dort als StudentIn sehr viel Zeit verbringen wird. Um sich ein bisschen ein Bild machen zu können, würde ich zu den häufigsten OPs und Krankheitsbildern in erster Linie Verbrennungen, diverse Brust-OPs und Melanome zählen.

Die offizielle Arbeitszeit beträgt am USZ 50h/Woche von Montag bis Freitag. Am Wochenende muss man nicht arbeiten, allerdings hat man ca. zwei Mal pro Woche einen sog. Pikettdienst, bei dem man mit Diensthandy in Bereitschaft sein muss. Ein solcher Dienst geht unter der Woche von 18 Uhr bis 8 Uhr am nächsten Morgen, bzw. wenn man am Wochenende eingeteilt ist von 8 bis 8 Uhr. Diese Dienste werden von der Koordinatorin eingeteilt, wenn man einmal nicht kann, muss man sich selber eine Vertretung bei den anderen StudentInnen suchen, was aber nie ein Problem war. Auch die Koordinatorin hilft einem dabei gerne.

Des Weiteren gab es jede Woche eine verpflichtende Fortbildung, die aber nur eine Stunde dauerte und ohnehin in die normalen Arbeitszeiten fällt (meist von 16:30-17:30 Uhr). Man wird vom USZ voll arbeits-, haft- und unfallversichert.

Leben in Zürich

Ich selbst habe im Personalwohnheim gewohnt. Wer es sich leisten kann, kann sich auch online über diverse Plattformen ein WG-Zimmer suchen, da wird man es sicher etwas schöner haben. Im Wohnheim bekommt man für 650 Schweizer Franken (sfr) (ist in Euro momentan fast gleich berechnet) ein kleines Zimmer mit Einzelbett, Schreibtisch, Einbauschrank und Waschbecken. Toilette, Dusche und Küche werden geteilt. Es gibt mehrere Wohnheime vom USZ, ich war in der Vogelsangstrasse 10, wo sie eigentlich alle StudentInnen einteilen. Das ist natürlich praktisch, sich mit allen StudentInnen (FamulantInnen oder KPJ-ler) des Hauses austauschen zu können. Ich habe mich in erster Linie aus finanziellen Gründen dafür entschieden, weil man in Zürich für eine Unterkunft schnell auch das Dreifache ausgeben kann. Überhaupt muss man wissen, dass die Stadt sehr teuer ist. Kein Kaffeehaus-Besuch unter EUR 15 und keine schnelle Pizza unter EUR 25. Daher ist in meiner Tabelle unten auch schwierig zu sagen, was man für „Freizeit“ ausgeben wird. Das muss man einfach für sich selbst entscheiden, was es einem wert ist. Ich habe, hauptsächlich aus Zeit- und Energiegründen, wenig außerhalb der Arbeit unternommen. Zürich ist aber, vor allem in den wärmeren Monaten, eine recht lebhafte Stadt, in der es auch immer wieder Festivals, Flohmärkte und ähnliches gibt, die auch ich gerne am Wochenende mit KollegInnen besucht habe.

Zuletzt sei noch gesagt, dass bei einem Aufenthalt von mehr als drei Monaten eine Anmeldung beim Kreisbüro erforderlich ist. In welches Kreisbüro man muss hängt von der Zürcher Wohnadresse ab, im Personalwohnheim der Vogelsangstrasse ist es das Kreisbüro 6. Man zahlt 110sfr und muss dann noch ins Migrationsamt, um ein Foto für seinen „Ausländerausweis“ zu machen. Das Ganze ist nicht wahnsinnig aufregend, dauert auch nicht sehr lange, aber man darf nicht darauf vergessen.

Sprachlich sei gesagt, dass das Schweizerdeutsch eine Herausforderung sein kann. Das ist auch nicht etwas, auf das man sich wirklich vorbereiten kann, das kommt einfach mit der Zeit und man darf dort auch nicht davor scheuen, um eine Wiederholung in Hochdeutsch zu bitten, wenn es gerade gar nicht anders geht. Wer etwas Italienisch oder Französisch spricht, wird dort einen Vorteil haben, da viele PatientInnen auch aus anderen Landesteilen kommen, und häufig gar kein Deutsch sprechen.

Conclusio

Ich kann ein KPJ-Tertial am USZ durchaus empfehlen. Es ist aber wichtig, sich bewusst zu machen, dass ein Tertial in Wien sicherlich um einige entspannter und kostengünstiger ist. Die langen Arbeitszeiten ist man als KPJ-ler einfach nicht gewohnt, und gerade, wenn man dich vollen vier Monate dort macht, kann das mit der Zeit etwas zehren. Wer aber chirurgisch ernsthaft interessiert ist (und sich vielleicht schon etwas an die bevorstehenden Assistenzarzt-Dienstzeiten gewöhnen will), wird dort sehr profitieren.

Zuletzt sei noch gesagt, dass bei einem Aufenthalt in der Schweiz von mehr als drei Monaten eine Anmeldung beim Kreisbüro erforderlich ist. In welches Kreisbüro man gehen muss hängt von der jeweiligen Zürcher Wohnadresse ab, im Personalwohnheim der Vogelsangstrasse ist es das Kreisbüro 6. Man zahlt 110sfr und muss dann noch ins Migrationsamt, um ein Foto für seinen „Ausländerausweis“ zu machen. Das Ganze ist kein massiver Aufwand, aber man wird vom USZ nicht daran erinnert und man darf es wirklich nicht vergessen.

Kostentabelle

Hin- und Rückfahrt aus Wien (ÖBB):Ca. EUR 150 mit Vorteilscard
Unterkunft im Personalwohnheim:650sfr/Monat,
+100sfr einmalige Reinigungspauschale
Essen und Trinken:Ca. 500sfr/Monat
Transport:Vom Personalwohnheim aus ist alles zu Fuß erreichbar.
Bei Aufenthalt >3 Monate:110sfr Gebühr beim Migrationsamt
Freizeitaktivitäten:Ca. EUR 300/Monat
Gesamt:Ca. EUR 1800

Kontakt

Bei Fragen zu Fiona Tinnefelds, oder bei Fragen an Fiona Tinnefeld persönlich, wenden Sie sich direkt an die GI-Redaktion. Schreiben Sie ein E-Mail an: fiona.carolina@hotmail.com

Haben Sie Fragen zu den Themen Arbeiten & Weiterbildung oder Jobsuche & Karriere? Dann schreiben Sie an Frau Mag. Seitz: office@goinginternational.org

Zitierung

Tinnefeld, Fiona: Erfahrungsbericht: KPJ-Tertial in Zürich (In: Polak, G. [Hg.]: GI-Mail 07/2023, ISSN: 2312-0819 Going International, Wien 2023)


Diese Publikation steht hier zum Download bereit.


Veröffentlicht in GI-Mail 07/2023 (Deutsche Ausgabe).

  • Kennen Sie unseren monatlichen Newsletter GI-Mail mit Tipps zu postgradualen Lehrgängen und Kongressen? Hier geht es zuAnmeldung.
  • Sind Sie auf der Suche nach neuen beruflichen Herausforderungen/Jobs & Vakanzen? Hier finden Sie die aktuellen Stellenangebote.
  • Kennen Sie schon unsere monatliche Job-Information GI-Jobs mit aktuellen Stellenangeboten für ÄrztInnen, ManagerInnen und dipl. Fachpflegekräfte? Hier geht es zur Anmeldung.
  • Sind Sie an neuen postgraduellen Kursen und CME-Weiterbildung interessiert? Laufend neue Kurse & Kongresse von mehr als 2300 Veranstaltern finden Sie in der Bildungsdatenbank »medicine & health«

Dear Reader,

We are happy to welcome you to our Going International Blog.
Did you like this or would you like to inform us about something related to this topic?
Just leave a comment in our comment field below, your e-mail address will not be published. We are looking forward to your feedback!
Best Regards,

The Going International Team!

    Bildungs-Newsletter

    Job-Newsletter

    Archive

    Leave a Reply

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    *