Mein KPJ in Zürich

von Sophia Koschatko.

Warum für das KPJ nach Zürich?

Schon während des Studiums habe ich mehrmals im Ausland famuliert, da es mich immer gereizt hat, an verschiedenen Standorten zu arbeiten. Ich fand es jedes Mal aufs Neue spannend, wie die Arbeitskultur selbst in benachbarten Ländern vollkommen unterschiedlich sein kann. Von FreundInnen und Bekannten, welche in der Schweiz ihr Klinisch Praktisches Jahr (KPJ) absolvierten, hatte ich durchwegs Gutes gehört. Dass man in der Schweiz länger als in Österreich arbeiten muss ist kein Geheimnis. Jedoch ist es auch hinlänglich bekannt, dass die Lehre viel größer geschrieben wird als in Österreich. Gespannt auf die nächsten zwei Monate habe ich mich also im Mai auf den Weg Richtung Zürich zur Klinik Hirslanden gemacht, um meine eigenen Erfahrungen zu machen.

Vorbereitung

Die Bewerbung erfolgte unbürokratisch per E-Mail direkt an den Chefarzt des Notfallzentrums. Dieser antwortete mir rasch und sagte mir die gewünschte Stelle zu. Ich habe ungefähr zwei Jahre vor Beginn meines KPJ’s einen Platz angefragt.

Da ich nur die letzten zwei Monate meines KPJ’s in der Schweiz verbracht habe, brauchte ich kein Visum beziehungsweise keine Arbeitserlaubnis. Von meinen KPJ- KollegInnen weiß ich jedoch, dass dies kein allzu aufwendiger Prozess war.

Der Vertrag wurde im Vorhinein per E-Mail zugesendet. Ich habe pro Monat 1000 Franken für eine 50-Stunden-Woche inkl. Nacht- und Wochenenddienste bekommen. Auch Unterlagen bezüglich kostenloser Unterkunft, Stadtplan und eine Übersicht, wo man Öffi-Tickets kaufen kann, wurden mir noch vor der Abreise per E-Mail zugeschickt.

Ich musste nicht sehr viel Zeit in die Vorbereitungen für diese zwei Monate stecken.

Unterkunkt und Versicherung

Meine Unterkunft wurde freundlicherweise kostenlos von der Klinik Hirslanden zur Verfügung gestellt, ich musste nur rechtzeitig anrufen und diese anfragen. Ich würde empfehlen, eher früher als später anzufragen, da kostenlose Unterkünfte schnell vergriffen sind.

Bezüglich der Versicherung gibt es mehrere Anbieter. Da ich schon ÖAMTC- Mitglied war, habe ich mich für die weltweite Versicherung inklusive Schutzbrief entschieden. Der Schutzbrief kostet ca. €50 jährlich, der Weltschutz ca. €80. Es gibt noch günstigere Optionen, doch ich bin direkt nach dem KPJ in der Schweiz für drei Monate in die USA gegangen und auch dort war diese Versicherung gültig.

Da im Frühjahr aufgrund diverser Umstände die Flugpreise sehr hoch waren (ca. €900 Wien-Zürich & retour) entschied ich mich mit dem Zug in die Schweiz zu fahren. Es gibt einen Direktzug der ÖBB von Wien nach Zürich, die Fahrt dauert 8 Stunden und kostet mit der Vorteilscard €70.

Klinik

Die Klinik Hirslanden ist eine Privatklinikgruppe mit mehreren Standorten in der Schweiz. Die Klinik in Zürich ist am Berg gelegen mit Aussicht auf den Zürichsee. Sie ist öffentlich mittels Tram leicht erreichbar.

Einzelne Teile der Privatklinik wie das Notfallzentrum sind jedoch öffentlich, daher ist es möglich, dort sein KPJ zu absolvieren. Beim Betreten der Klinik fühlt man sich, als würde man in ein Hotel gehen. Auch ausstattungstechnisch ist alles am neuesten Stand und die Geräte sind unter den Neuesten am Markt. Die Klinik hat 335 Betten, im Notfallzentrum gab es 14 Kojen, die meisten davon Einzelkojen.

Das MitarbeiterInnenrestaurant war keine herkömmliche Mensa, wie man sie kennt. Es gab alles, was das Herz begehrt in einer sehr guten Qualität. Der Preis des Essens wurde nach Gewicht berechnet, meistens zahlte man für ein volles Menü €7-12. Wenn man bedenkt, welche Qualität das Essen hatte und auch, dass ÄrztInnen in der Schweiz um ein Vielfaches mehr verdienen als in Österreich, ist das kein allzu hoher Preis.

Unterkunft

Ich wohnte, wie bereits erwähnt, kostenlos direkt am Gelände der Klinik im Personalwohnheim. In dem Haus befanden sich ein paar andere Zimmer für KPJ- StudentInnen, Pickettzimmer (Dienstzimmer für den Nachtdienst) und noch Büros für organisatorische Einheiten des Spitals. Das Wohnheim ist schon in die Jahre gekommen und die Zimmer sind hellhörig, jedoch ist alles sehr sauber und die Gemeinschaftsküche, Bäder und Zimmer werden täglich gründlich gereinigt. Wie bereits erwähnt: Lieber früher als später ein Zimmer anfragen!

Tagesablauf

Da ich im Notfallzentrum war, hatte ich nicht täglich dieselben Arbeitszeiten. Ich war für 10-Stunden Schichten eingeteilt, beginnend um 8 Uhr, 10 Uhr, 13 Uhr, 15 Uhr oder 23 Uhr. Ich wurde auch an Wochenenden und Feiertagen eingesetzt, dann hatte ich aber unter der Woche frei. Als fixer Bestandteil des Teams gerechnet, muss man sich bei der Einteilung und den Urlauben mit dem gesamten Team absprechen. Es gibt eine Oberärztin, die für die Diensteinteilung zuständig ist und sowohl vor der Ankunft als auch am 1. Tag nach Urlaubswünschen fragt, welche bei meiner Kollegin und mir ausnahmslos ermöglicht wurden.

Begonnen hat der Tag, sofern man Frühdienst hattte, um 8:00 Uhr mit der Übergabe des Nachtdienstes an die Mannschaft. Danach ist man, außer es war gleich in der Früh sehr viel los, in den Gemeinschaftsraum des Notfallzentrums gegangen, um zu Frühstücken. Das Frühstück wurde von der Abteilung bereitgestellt. Während des Frühstücks saßen die ÄrztInnen, Pflegekräfte und StudentInnen alle zusammen und plauderten über dieses und jenes.

Dann kamen auch immer schon zahlreiche PatientInnen, die man ab dem 1. Tag ganz alleine betreuen durfte. Die OberärztInnen fragten immer zuerst, ob man sich zutraute, die/den PatientIn alleine untersuchen oder ob sie lieber mitkommen sollten. Dann untersuchte man die/den PatientIn genau, forderte nötige Labors und Untersuchungen an und stellte der/dem zuständigen OberärztIn die/den PatientIn vor. Ich hatte, egal wie viel los war, immer das Gefühl, Rückhalt zu haben und jemanden bei Problemen fragen zu können. Es gab auch während des stressigen Alltags immer viel teaching, sowohl bedside als auch im Arztzimmer. Einmal pro Woche gab es einen internen Journal Club, in dem immer ein/e andere/r UnterassistentIn ein spannendes, relevantes Paper vorstellte. Danach wurde darüber auch ausgiebig diskutiert und etwaige Fragen besprochen.hrmals wöchentlich gab es auch sowohl fachinterne als auch fachfremde Fortbildungen.

Heimgehen konnte man manchmal vor Ablauf der 10 Stunden, manchmal blieb man länger. Da immer so viel zu tun war, verflog die Zeit jedoch und man wunderte sich oft, wie es schon so spät sein konnte.

Team

Die Hierarchien waren sehr flach, das ist man als österreichischer KPJ’ler nicht unbedingt gewohnt. Jeder und jede einzelne, egal ob Pflegekraft, AssistenzärztIn, OberärztIn oder ChefärztIn, stellen sich gleich mit dem Vornamen vor. Es wurde einem sofort alles erklärt und gesagt, man könnte sich aus der Küche alles nehmen, was man wolle. Man hat gemerkt, dass im Team eine gute, positive Stimmung herrschtund keiner hatte ein Problem damit, einmal für eine/n KollegIn einzuspringen. Auch die KPJ- StudentInnen wurden zum Kliniksommerfest, Notfallsommerfest und diversen Grillerein im Chinagarten am Zürichsee eingeladen. Gleich am 1. Tag wurden meine KPJ- Kollegin und ich zur Whatsapp- Gruppe der AssistenzärztInnen hinzugefügt.

Freizeit

Zürich hat nicht nur arbeitstechnisch, sondern auch in der Freizeit viel zu bieten. Mit dem Zug kann man innerhalb von zwei Stunden einige Wanderpfade erreichen. Im warmen Frühjahr und Sommer verbringt man seine Zeit am besten am Ufer des Sees. Es gibt um den ganzen See herum Badis. Die meisten sind kostenlos, es gibt vereinzelte Badis, die Eintritt verlangen, jedoch halten sich auch dort die Kosten mit acht Franken für eine Tageskarte in Grenzen. Es gibt zahlreiche Restaurants, Cafes, Bars und Clubs in der ganzen Stadt verteilt, wobei es sich leider gar nicht ausging, in zwei Monaten alles zu erkunden. 

Kostentabelle

Anreise (Direktzug Wien-Zürich & retour)Ca. EUR 140
UnterkunftKostenlos von der Klinik zu Verfügung gestellt
Essen und Trinken:Ca. EUR 800/Monat
Transport (öffentliche Verkehrsmittel):Ca. EUR 55/Monat
Freizeit (Eintritte, etc.):Ca. EUR 200/Monat
Gesamt:Ca. EUR 1100/Monat

Links

Kontakt

Bei Fragen zu Sophia Koschatkos Famulatur, oder bei Fragen an Sophia Koschatko persönlich, wenden Sie sich direkt an die GI-Redaktion. Schreiben Sie uns ein
E-Mail an: media@goinginternational.org

Haben Sie Fragen zu den Themen Arbeiten & Weiterbildung oder Jobsuche & Karriere? Dann schreiben Sie an Frau Mag. Seitz: office@goinginternational.org

Zitierung:

Koschatko, Sophia: Mein KPJ in Zürich (In: Polak, G. [Hg.]: GI-Mail 10/23, ISSN: 2312-0819 Going International, Wien 2023)


Diese Publikation steht hier zum Download bereit.


Veröffentlicht in GI-Mail 10/2023 (Deutsche Ausgabe).

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