Erfahrungsbericht Gynäkologie und Geburtshilfe am Universitätsspital Basel

@ Christina Kriechbaum, Medizinische Universität Wien

von Christina Kriechbaum.

Motivation für eine Famulatur in Basel 

Ich habe mich für eine einmonatige Unterassistenz am Universitätsspital Basel (USB) entschieden, weil ich schon immer wissen wollte, ob die Schweiz wirklich das Mekka für Ärzte ist, wie man so oft hört. Außerdem wusste ich, dass ein Praktikum an einer Universitätsklinik von unserer Universität auf jeden Fall angerechnet wird. Da die letzten zwei Jahre an der Medizinischen Universität Wien fast ausschließlich aus Praktika bestehen, und Gynäkologie eines meiner Pflichtfächer war, hat sich diese Gelegenheit perfekt angeboten.

Anmeldung

Auf der Homepage der Frauenklinik sind Kontaktdaten sowie eine Liste mit allen nötigen Unterlagen (Lebenslauf mit Foto, Infos über bisherige und geplante Famulaturen, Thema der Doktorarbeit, Passkopie, Immatrikulationsbescheinigung) auffindbar.

Ungefähr ein halbes Jahr vor meinem gewünschten Famulatur-Zeitraum habe ich eine E-Mail mit den erforderlichen Dokumenten an die angegebene Adresse geschickt und prompt eine Antwort mit einer vorbehaltlichen Zusage bekommen – das ging wirklich schnell und unkompliziert.

Danach musste ich noch diverse Formulare ausfüllen und retournieren, wie beispielsweise einen vollständigen Impfstatus und Einwilligungserklärungen. Nach dem ganzen Prozedere war der Platz für mich gesichert. Angelegenheiten wie Aufenthaltsbewilligung und Versicherung hat das Krankenhaus für mich übernommen, es mussten lediglich Formulare ausgefüllt werden. Die Kosten für die Bewilligung in der Höhe von 66 CHF wurden automatisch vom Gehalt abgezogen.

Famulatur

Die Frauenklinik des USB ist eine der größten Frauenkliniken in der Schweiz mit 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, jährlich 60.000 ambulanten Konsultationen und über 2.000 Geburten. Die Abteilung wurde erst vor kurzem renoviert und ist mit sehr modernen Geräten ausgestattet. So verfügt sie beispielsweise über einen Da-Vinci-Operationsroboter.

Die Hierarchie in der Schweiz ist eigentlich ähnlich wie in Österreich, wobei man, außer mit den allerhöchsten Chefs, eigentlich mit jedem per Du ist, was am Anfang doch etwas ungewohnt war. Im Gegensatz zu Österreich und Deutschland haben die Krankenschwestern und Krankenpfleger sowie die Pflegekräfte in der Schweiz mehr Aufgaben und Verantwortung. So ist Blutabnahme niemals eine ärztliche Tätigkeit. Meine Erwartungen haben sich auf jeden Fall dahingehend erfüllt, dass in der Schweiz alles wirklich sehr geregelt, top organisiert und höflich zugeht – von der Strukturierung des Tages, ambulanten Terminen bis hin zum Umgang mit Patientinnen und Patienten und dem Kollegium.

@ Christina Kriechbaum

Am ersten Tag im USB haben wir, Unterassistentinnen und Unterassistenten, vorab eine Information dazu bekommen, wo wir uns wann einfinden sollen und haben um 7:30 den sogenannten Morgenrapport (ähnlich einer Morgenbesprechung, in der wichtige Tagespunkte, OP-Pläne und dergleichen durchgegangen werden) besucht. Dort wurden wir dem Kollegium vorgestellt und danach gab es eine Hausführung und Einschulung von anderen Unterassistentinnen und Unterassistenten.

Nachdem jedem von uns ein Spind zugewiesen wurde und wir unsere Telefone, Dienstkleidung, Mitarbeiterausweise etc. bekommen hatten, ging es auf die gynäkologische Onkologie, unsere Stammabteilung. Dort bestand unsere Hauptaufgabe darin, im Computersystem Patientendaten für Aufnahmen oder Operationen zu sammeln und zu organisieren, damit Assistenzärztinnen und Assistenzärzte einen Überblick über die Patientinnen bekommen. Außerdem wurden wir angerufen, wenn im OP eine Assistenz gebraucht wurde, was mehrmals pro Woche der Fall war. Wenn Zeit blieb, waren wir auch bei den Visiten dabei und haben Dekurse verfasst.

Weiters gibt es noch am USB eine Poliklinik (so ähnlich wie Ambulanzen in Österreich), eine Geburtenstation, OPs und eine Abteilung für Reproduktionsmedizin, die in einem separaten Gebäude etwa 10 Minuten vom Krankenhaus entfernt untergebracht ist. Wir waren hauptsächlich auf der Abteilung für Onkologie, da es dort die meisten Aufgaben gab.

Je nach Zeit und Kapazitäten kann man sich aber auch tageweise die anderen Abteilungen ansehen, wie etwa Ultraschallambulanzen, Beratungen und dergleichen. Ich war auch drei Tage lang auf der Geburtenstation mit den Hebammen unterwegs und habe Gebärende vom Eintritt der Wehen bis zur Geburt begleitet, was eine sehr schöne Erfahrung war. Ansonsten finden mehrmals pro Woche verschiedenste Weiterbildungen, Konferenzen etc. statt, an denen ich immer teilnehmen durfte, wenn es die Zeit zugelassen hat.

Organisatorisches

In der Schweiz wird zwischen Famulatur und Unterassistenz unterschieden. Die Aufgaben sind für beide Gruppen gleich, jedoch sind Unterassistentinnen und Unterassistenten Studierende im fünften bzw. sechsten Jahr und erhalten eine Aufwandsentschädigung (im Falle des USB wären das 1200 CHF pro Monat für rund 50 bis 55 Wochenstunden). Um diese zu bekommen, braucht man entweder ein Schweizer Konto, was eine nicht ganz einfache Angelegenheit ist, oder es wird bar ausbezahlt.

Zur Wohnsituation: das USB verfügt über ein Personalwohnheim, allerdings mit einer recht begrenzten Kapazität. – deshalb habe ich mir mit einer Kollegin für den Zeitraum eine Airbnb-Unterkunft etwas außerhalb der Stadt geteilt.  Eine weitere Option wäre es, sich eine Unterkunft über der Grenze in Deutschland oder Frankreich zu suchen, etwa 30 Minuten vom Krankenhaus entfernt und deutlich günstiger.

Freizeit

@ Christina Kriechbaum

Basel an sich ist eine wirklich nette kleine Stadt, in der man sich schnell wohl fühlt und einiges unternehmen kann. Hier gibt es beispielsweise eine Vielzahl an Museen und Ausstellungen, die man besuchen kann. Es ist aber auch sehr schön, einfach durch die Straßen zu schlendern, ein bisschen Zeit auf dem Marktplatz zu verbringen oder am Rhein entlang zu spazieren, um das milde Klima der Region zu genießen. Absolut empfehlenswert ist auch ein Besuch beim Läderdach: dort kann man schmackhafte schweizerische Pralinen und Schoggi probieren. Durch die Lage der Schweiz im Dreiländereck Schweiz-Frankreich-Deutschland bieten sich auch Tagesausflüge an. Das Elsass im Nordosten Frankreichs ist in ca. einer Stunde mit dem Zug oder Bus erreichbar und auch Städte wie Freiburg in Deutschland sind nur eine kurze Zugfahrt entfernt.

Mein Fazit

Das System im USB ist erstklassig organisiert und bietet eine wirklich gute medizinische Versorgung. Außerdem sind sowohl das gesamte Personal als auch alle Patientinnen und Patienten sehr höflich gewesen. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass ich einmal in der Schweiz mit meiner Weiterbildung beginne, denn ich möchte nicht 80 Stunden oder mehr pro Woche arbeiten müssen. Bei den Assistenzärzten an USB sind Wochenarbeitszeiten von 80 Stunden durchaus üblich. Natürlich sind das Gehalt und teilweise auch die Weiterbildung viel attraktiver als in Österreich, aber für mich ist eine ausgeglichene Work-Life-Balance einfach wichtiger.

Ich bin sehr froh, die Famulatur in Basel gemacht zu haben, da ich jede Erfahrung, speziell im Ausland, schätze und finde, dass man davon nur profitieren kann. Schade habe ich gefunden, dass wir auf der Abteilung kaum direkten Patientenkontakt hatten. So habe ich nie eine gynäkologische Untersuchung oder Ähnliches gemacht. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass man während eines mehrmonatigen Praktikums auch mehr in die Poliklinik kommt und dort dann sehr wohl Patientinnen untersuchen kann, wofür unsere Zeit einfach zu knapp war.

@ Christina Kriechbaum

Kosten für eine 4-wöchige Unterassistenz am Universitätsspital Basel

Flug (Hinflug und Rückflug mit Sky) Ca. 400€
Unterkunft (pro Person) Ca. 500-800€/Monat
Essen und Trinken: Ca. 500€/Monat
Transport (öffentliche Verkehrsmittel): Ca. 100€/Monat
Freizeitaktivitäten (Eintritte, Ausflüge) Ca. 200€/Monat
Gesamt: Ca. 2000€/Monat

 

 

Interessante Webseiten

 

Bei Fragen zu Christina Kriechbaums Famulatur, oder bei Fragen an Christina Kriechbaum persönlich, wenden Sie sich direkt an die GI- Redaktion. Schreiben Sie uns ein E- Mail an: media@goinginternational.org 

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Der Erfahrungsbericht von Christina Kriechbaum steht hier zum Download als PDF bereit.

Mehr Information zum Thema Arbeiten im Ausland.
Mehr Informationen zum Thema Arbeiten in der Schweiz.


Veröffentlicht in GI-Mail 07/2019 (Deutsche Ausgabe). Abonnieren Sie GI-Mail hier.

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