Mein Erasmus Jahr in Spanien – auf den kanarischen Inseln in Las Palmas

von Theresa Hofbauer.

Warum die Kanaren?

© Theresa Hofbauer Medizinische Universität Wien, Österreich.

Nachdem ich ein großer Fan von Natur und Outdoor-Sport bin, gerne Surfen und Wandern gehe, waren die Kanaren sofort meine Nummer 1 ERASMUS-Wahl.

Besonders anziehend war für mich auch die Lebensfreue und der entspannte Vibe der Inseln. Im Folgenden möchte ich meine Erfahrungen zu meinem Erasmus Jahr auf den kanarischen Inseln in Las Palmas teilen.

Bewerbung

Das Bewerbungs- und Auswahlverfahren findet immer im Wintersemester der medizinischen Universität Wien vor dem geplanten Auslandsaufenthalt statt.
Die Anmeldung zum ERASMUS-Programm erfolgt über „Mobility Online“, wobei man keine schriftliche Bewerbung abgeben muss. Dabei wählt man das Programm ERASMUS SMS und kann bis zu drei Wunschdestinationen angeben. Diese sollte man nach Präferenz reihen. Im Falle von Gran Canaria kann man lediglich 10 Monate Aufenthalt wählen, während es auf vielen andere Universitäten in Spanien auch möglich ist, nur ein Semester zu absolvieren.
Mehr zu den Bewerbungsfristen findest du im beigefügten Link „Mobilitätskalender“.
Einige Wochen nach meiner Bewerbung bekam ich die Zusage für meinen Platz. Ich musste bestätigen, dass ich diesen auch annehmen möchte und dann hat alles reibungslos funktioniert.

Krankenhäuser

Es gibt in Las Palmas zwei große Unikliniken: das „Hospital Insular“, neben welchem sich auch die Geburten- und Kinderklinik „Materno Infantil“ befindet und das „Hospital Gran Canaria Dr. Negrín“. Je nach Tertial und Rotationsplan befindest du dich in einem der Krankenhäuser. Zusätzlich gibt es auch zahlreiche primäre Gesundheitszentren („Centro de Salud“) in welche du im Rahmen des Notfalltertials rotierst.

Beide Krankenhäuser sind öffentlich gut zu erreichen, recht modern ausgestattet und entsprechen unseren gewohnten Standards. Für ausgefallene Interventionen und Spezialtherapien kann es jedoch schon vorkommen, dass PatientInnen aufs Festland geflogen werden.

PatientInnen

Im Süden der Insel gibt es auf Grund der großen deutschen Population tatsächlich rein deutschsprachige Kliniken. In diesen wirst du während deiner Rotationen allerdings nicht arbeiten. Das PatientInnenklientel in den Universitätskliniken ist bunt gemischt. Größtenteils Einheimische mit unterschiedlichstem sozioökonomischem Hintergrund, wodurch du auch ab und zu Schwierigkeiten haben könntest auch die ländlicheren Dialekte zu verstehen. Ab und zu hatten wir auch deutschsprachige Touristen, für die ich oft als Dolmetscherin geholt wurde.

Die ersten Tage im Krankenhaus

Prinzipiell bespricht man sich noch vor Beginn der Tertiale mit einem oder einer Medizinstudierenden aus dem 6. Jahr der Universidad de Las Palmas de Gran Canaria (ULPGC), um einen Rotationsplan zu erstellen, der alle notwendigen Tertiale für das 5. Jahr der Medizinischen Universität Wien beinhaltet. Sollte man von einer anderen Uni kommen ist es denke ich kein Problem den Plan individuell anzupassen. Wenn man seinen Plan dann hat, erfährt man so auf welcher Station man zu welcher Zeit sein muss.

Am ersten Tag auf einer neuen Abteilung bin ich immer zuerst ins Sekretariat gegangen, wo ich dann meistens von dem zuständigen Arzt abgeholt wurde.
à Achtung: man muss sich selbst einen weißen Mantel mitnehmen! Sonst läuft man, wie ich an meinem ersten Tag, in Privatkleidung herum.

Arbeitszeiten & Arbeitsalltag

Prinzipiell ist man immer einer Ärztin oder einem Arzt zugeteilt und bestreitet gemeinsam den Alltag.
Meist begann ein Arbeitstag um 8:00 Uhr mit einer ärztlichen Morgenbesprechung, nach welcher oft Zeit für einen Kaffee war. Im Centro de Salud ging ich meistens mit den ÄrztInnen der Notaufnahme gegen 11:00 Uhr in ein kleines Café an der nächsten Straßenecke und wurde auf ein „Pan tostado“ eingeladen. Selbständiges Arbeiten, wie man es aus österreichischen Krankenhäusern gewohnt ist, ist eher die Ausnahme und auf konkrete Anweisungen beschränkt. Oft darf man bei Visiten mituntersuchen, ist jedoch selten allein mit PatientInnen. Da mein Spanisch anfangs gerade auf einem B1-Level war empfand ich das als sehr angenehm. Auf der Notaufnahme in einem „Centro de Salud“ durfte ich immer wieder selbständig nähen oder PatientInnen versorgen. Auf der Gynäkologie ist es üblich, dass die Studierenden aus dem 6. Jahr, mit welchen man die Rotationen macht, zwei Nachtdienste mitmachen. Die Arbeitszeiten variieren von Abteilung zu Abteilung, meist kann man allerdings gegen 13:00 Uhr gehen und alle sind wahnsinnig nett und verständnisvoll, dass man während seines ERASMUS gerne auch einmal früher am Strand ist.

Teaching & Fortbildungen

Nachdem man immer mit einer Ärztin oder einem Arzt auf der Station unterwegs ist, hängt die Qualität des Teachings sehr von der jeweiligen Person ab. Ich hatte allerdings durchwegs Glück und mir wurde liebend gern viel erklärt. Der Vorteil, welcher durch die Zuteilung entsteht, ist, dass sich die Person dann wirklich verantwortlich fühlt, einem etwas beizubringen. Die meisten nehmen diese Aufgabe recht erst.
Während die spanischen Studierenden neben dem klinischen Praktikum auch noch Kurse besuchen müssen, sind diese für ERASMUS-Studierende nicht verpflichtend. Ab und zu gab es jedoch Fortbildungen für das ärztliche Team an welchen ich während der geplanten Arbeitszeit teilnehmen konnte. Es wir einen dort niemand zwingen, aber man ist überall herzlich eingeladen.

Hierarchie & Zusammenarbeit

Die Hierarchie war auf den meisten Stationen sehr flach und kollegial. Ich wurde immer herzlich ins Team integriert und man hat sich fast überall mit Vornamen angesprochen. Die AssistenzärztInnen hatten einen lockeren und persönlichen Umgang mit ihren OberärztInnen. Oft erklärte man mir, dass es auf der Insel keinen Platz für unnötigen Stress gibt; wenn man wirklich ernsthaft Karriere machen wollte, müsse man eher zurück aufs Festland gehen.

Sprache

Die offizielle EASMUS Voraussetzung für Gran Canaria ist ein B1-Level. Es macht auch absolut Sinn noch zu Hause einen Spanischkurs zu besuchen, damit man dann anfangs keine Probleme im Krankenhaus hat. Tollerweise bekommt man 80% des Geldes, welches man für einen Sprachkurs ausgibt, nach Ende des Aufenthaltes refinanziert. Im Krankenhaus sind alle sehr geduldig und verständnisvoll, wenn man etwas nicht versteht. Allerdings sprechen die meisten Ärztinnen und Ärzte kaum Englisch. Ich habe trotz mittelmäßiger Sprachkenntnisse von Anfang an nur Spanisch gesprochen, wodurch man dann auch sehr schnell Fortschritte macht. Die Gastuni bietet vor Ort sowohl einen 2-wöchigen Intensivsprachkurs im August als auch einen wöchentlichen Sprachkurs im ersten Semester an.
Kosten:

  • Intensivkurs: 135€  80% bekommt man auch hier wieder zurückgezahlt
  • Semesterkurs: 30€  bekommt man zurück, wenn man mehr als 80% anwesend
    ist und die Abschlussprüfung absolviert

Versicherung

Es gibt von der österreichischen Hochschülerschaft einen gratis Versicherungsschutz, den man sich nur zuschicken lassen muss. Dieser hat der Gastuniversität als Versicherungsnachweis ausgereicht.

Kosten & Wohnen & Transport

Prinzipiell erhält man für die 10 Monate ERASMUS auf den Kanaren circa 4.000€
ERASMUS-Zuschuss. 80% des Geldes werden bereits vor dem Antritt ausgezahlt und 20% nach einreichen der Aufenthaltsbestätigung, nachdem man wieder zu Hause ist.

Die Kosten für ein WG-Zimmer variieren stark, abhängig vom Stadtteil von Las Palmas. In Strandnähe, wo die meisten ERASMUS-Studierenden wohnen wollen, kostet ein Zimmer meist zwischen 300€ und 420€. Viele haben erst vor Ort mit der Wohnungssuche begonnen, was allerdings sehr stressig war. Ich habe mir schon im Voraus über „Idealista“ (ähnlich wie „WG-gesucht“) ein Zimmer organisiert und war sehr zufrieden damit.

Man hat als eingeschriebene/r StudentIn die Möglichkeit sich eine EinwohnerInnenkarte, genannt „NIE“ zu holen, was ein kleiner bürokratischer Aufwand ist. Mit einem „NIE“ bekommt man unter anderem großartige Vergünstigungen für die Busse, als auch 50% Reduktion auf alle Inlandflüge.

Es gibt auf Gran Canaria ein gut ausgebautes öffentliches Bussystem. Die Busse nennt man „Guaguas“ und man unterscheidet die gelben Guaguas municipales, welche in der Stadt fahren und die türkiesen Guaguas globales, welche zusätzlich die ganze Insel abdecken.
Mit einem gültigen „NIE“ und unter 28 Jahren kann man sich eine Monatskarte („Wawa Joven“) um 20€ für alle Busse der Insel holen (Municipales und Globales).

Ich war bei der University Surf School, da man hier als eingeschriebene Studentin gute Preise bekommt und die Lehrer super waren. Wenn man eine Bouldergarage mit netter kleiner Community sucht, ist man bei Tagorock gut aufgehoben. Man zahlt 40€ im Monat und kann dann so oft man will kommen. Zusätzlich kann man 1-2/Woche zu den Unterrichtseinheiten kommen. Immer wieder haben wir auch Trips zu Outdoor-Klettergebieten unternommen.

Kostentabelle

Flug (Hin und Zurück):Ca. 250 €
WG-Zimmer:300-420€/M
Essen und Trinken:Ca. 250€/M
Transport: „Wawa Joven“20€/M
Gebühren der Uni0€
Surfen 10 Einheiten120€
Boulder-Halle Tagorock40€/M
Gesamt:Ca. 750€/M

Inselinfo

Tapas Night:
Jeden Donnerstag ist in Vegueta, der Altstadt die „Tapas Night“. Man bekommt günstige Tapas und die ganze Straße ist voller Leben. Hier trifft man immer Leute und kommt auch mit Einheimischen ins Reden.
Roque Nublo:
Beeindruckende Felsformation in der bergigen Mitte der Insel. Schönster Sonnenuntergang der Insel!

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© Theresa Hofbauer: Sonnenuntergang

Conclusio

Zusammenfassend sind die Monate auf den Kanaren unvergesslich! Die Zeit geht dort langsamer, die Menschen sind weniger gestresst, es ist das ganze Jahr sommerlich warm oder mild, man kann Surfen und Wandern am gleichen Tag und man wird sich unweigerlich in die Insel verlieben. Die KanarierInnen wissen auf alle Fälle wie man lebt und feiert und man wird davon schnell angesteckt. Ich hatte das Glück gleich am Anfang Einheimische kennenzulernen, was meine Erfahrung sehr viel authentischer gemacht hat. Wie viel man im Krankenhaus lern hängt größtenteils von einem selbst ab, da man von außen wenig Druck verspürt und das Verständnis für ERASMUS, als einen kulturellen Austausch, sehr groß ist.
Ich würde es sofort wieder machen!

Interessante & wichtige Links

© Theresa Hofbauer: Dünenwanderung
© Theresa Hofbauer: Bunte Felsen

Kontakt

Bei Fragen zu Theresa Hofbauers Famulatur, oder bei Fragen an Theresa Hofbauer persönlich, schreiben Sie ein E-Mail an: theresa@hofbauer.pro

Haben Sie Fragen zu den Themen Arbeiten & Weiterbildung oder Jobsuche & Karriere? Dann schreiben Sie an Frau Mag. Seitz: office@goinginternational.org

Zitierung:

Hofbauer, Theresa: Mein Erasmus Jahr in Spanien – auf den kanarischen Inseln in Las Palmas (In: Polak, G. [Hg.]: GI-Mail 05/22, ISSN: 2312-0819 Going International, Wien 2022)


Diese Publikation steht hier zum Download bereit.


Veröffentlicht in GI-Mail 05/2022 (Deutsche Ausgabe).

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